1 Einleitung: Sprech- und Darstellungsweisen auf dem Prüfstand

Das Thema Elektrochemie geht im Chemieunterricht der Sekundarstufe 2 mit der Einführung einiger Fachbegriffe einher: Elektrode, Kathode, Anode, Halbzelle, galvanische Zelle bzw. galvanisches Element, Elektrodenpotential (Die Schreibweise „Potential“ wird im Beitrag beim Bezug auf die physikalische Größe gegenüber der Schreibweise „Potenzial“ bevorzugt), Reduktionspotential, Redoxpotential und Zellspannung, um nur die zu nennen, die hier aufgegriffen werden. Darüber hinaus werden auch neue Konzepte eingeführt, z.B. das Zustandekommen einer elektrochemischen Doppelschicht und die Entstehung unterschiedlicher elektrischer Potentiale. Mit den Konzepten von elektrischem Potential und Spannung werden Schüler aber bereits im Physikunterricht in der Sekundarstufe 1 vertraut gemacht. Wünschenswert erscheint deshalb die Nutzung der gleichen Konzepte im Chemie- und Physikunterricht sowie darauf aufbauend eine einheitliche oder zumindest widerspruchsfreie Fachsprache.

2 Verwirrungspotenzial verschiedener Sprech- und Darstellungsweisen

A) Für das Konzept einer Elektrode gibt es unterschiedliche Definitionen. Überwiegend findet man in der Literatur, dass es sich bei einer Elektrode um einen Elektronenleiter, d.h. hauptsächlich ein Metall, handelt, der in Kontakt mit einer Elektrolyt-Lösung steht (Hamann & Vielstich, 1985; Wedler, 1987, 173, und Gietz, Schirle, Stein-Bastuck & Sternberg, 2010, 232). Elektrode und Elektrolyt-Lösung bilden eine Halbzelle. Aber auch die Definition, nach der eine Elektrode nicht allein das Metall, sondern das System aus Elektronenleiter und Elektrolyt-Lösung ist, findet sich in der Literatur (Ackermann, Jugelt, Möbius, Suschke & Werner 1974, 99; Arnold et al., 2013, 214; Asselborn, Jäckel & Risch, 2009, 182). Nach dieser Definition ist die Elektrode gleich der Halbzelle.

B) Die Definitionen Anode und Kathode für Elektroden haben fachspezifisch unterschiedliche Bedeutung. In der Physik werden Anode und Kathode als Elektroden definiert, die mit dem Plus- bzw. Minuspol einer Gleichspannungsquelle verbunden sind (Greulich, 1998, Bd. 1, 103 und Bd. 3, 212). In dieser Bedeutung werden sie z.B. bei der Braunschen Röhre verwendet. Nach der (elektro)chemischen Definition „… wird unabhängig davon, ob man eine Elektrolyse oder ein galvanisches Element betreibt, diejenige Elektrode als Kathode bezeichnet, an welcher negative Ladung in die Elektrolytlösung eintritt … oder, was einem gleichsinnigen Transport elektrischer Ladung entspricht, positive Ladung die Lösung verlässt ... In beiden Fällen gibt die Kathode an die abreagierenden Spezies Elektronen ab, leitet also einen Reduktionsvorgang ein. Umgekehrtes Verhalten zeigt die Anode …“ (In der Definition der Kathode wird der Begriff „galvanisches Element“ statt wie im Beitrag „galvanische Zelle“ verwendet. Beide Fachtermini beziehen sich auf das elektrochemische Konzept und stehen daher nicht im Widerspruch zueinander; Hamann & Vielstich, 1985, 9f) Bei der Betrachtung der Vorgänge innerhalb einer galvanischen Zelle widersprechen sich die physikalische und die chemische Definition. Die Anode ist gemäß der chemischen Definition der Minuspol der galvanischen Zelle, an der die bei der Oxidation freiwerdenden Elektronen abgegeben werden. Die Kathode ist entsprechend der Pluspol.

C) Bevor die galvanische Zelle behandelt wird, sollten die Vorgänge geklärt werden, die ablaufen, wenn eine Metallelektrode in die Lösung eines entsprechenden Metallsalzes eintaucht. Die Entstehung einer elektrochemischen Doppelschicht wird durch ein Gleichgewicht zwischen Ionendiffusion und Diffusionshemmung aufgrund elektrostatischer Wechselwirkung erklärt. Durch die Ladungstrennung entsteht ein elektrisches Feld innerhalb der Doppelschicht und damit eine elektrische Spannung, die sog. Galvani-Spannung (Abb. 1, Hamann & Vielstich, 1985). Elektrode und Lösung haben unterschiedliche elektrische Potentiale, deren Differenz die oben genannte Spannung ist. Das elektrische Potential der Lösung wird im Chemieunterricht häufig vernachlässigt, was möglicherweise zu einem kognitiven Konflikt bei den Lernenden führt – ein Potential kommt selten allein. Für sie sind ein elektrisches Feld und die Kraft auf einen geladenen Körper mit dem Vorhandensein einer Spannung und deshalb mit zwei Potentialen verbunden.

Vereinfacht gesagt stellt sich die Sache so dar: Der Physikunterricht der Sekundarstufe 1 liefert Konzepte zur Analyse der galvanischen Zelle, nimmt diese aber nicht vor, die Gleichspannungsquelle ist eine „Blackbox“. Der Chemieunterricht der Sekundarstufe 2 analysiert die galvanische Zelle, bedient sich dabei aber der physikalischen Konzepte nicht optimal.

D) Die Bezeichnung des elektrischen Potentials auf dem Elektronenleiter ist von Mannigfaltigkeit geprägt: Potential, Elektrodenpotential, elektrochemisches Potential oder Redoxpotential sind Begriffe, die sich in Schulbüchern finden. In der fachwissenschaftlichen Literatur wird zudem vom Reduktionspotential gesprochen (Jolly 1991, 151ff). In der Physik wird das elektrische Potential mit dem griechischen Buchstaben φ bezeichnet. Für das Potential einer Elektrode gegenüber einer Bezugselektrode hat sich der lateinische Buchstabe E etabliert. E wird aber auch als Symbol für die Energie oder die elektrische Feldstärke verwendet.

E) Die Darstellung der korrespondierenden Redoxpaare in der Spannungsreihe in der Schulbuchliteratur ist vielfältig (Tab. 1). Paare mit kleinen Standardpotentialen befinden sich nicht einheitlich unten oder oben. Daneben sind in einigen Fällen die Oxidationen, in einigen die Reduktionen und in anderen gar keine Reaktionen damit verbunden.

3 Vorschläge zur Minimierung von Verwirrung und Verständnisschwierigkeiten

zu A: Die Auffassung, dass eine Elektrode das System aus Elektronenleiter (Metall) und Elektrolyt-Lösung darstellt, ist weniger verbreitet, weshalb dafür plädiert wird, die Elektrode als Elektronenleiter zu definieren, der in Kontakt mit einer Elektrolyt-Lösung steht. Die zusätzliche Bedingung, nach der die Phasengrenze zwischen Elektrode und Elektrolyt für mindestens eine Art von Ionen durchlässig sein muss, braucht m.E. im Unterricht nicht expliziert zu werden.

zu B: Eine fachübergreifende einheitliche Definition von Kathode und Anode erscheint nicht realistisch, weil die aktuellen Definitionen im jeweiligen Fach etabliert sind. Hier soll eine Auflösung des Widerspruchs bezüglich galvanischer Zelle und Elektrolysezelle versucht werden. An den Elektroden laufen Oxidation bzw. Reduktion ab und durch die Wanderung von Elektronen und von Ionen kommt der elektrische Strom zustande. (Etymologisch ist „Ion“ griechischen Ursprungs und bedeutet “Wanderndes“. Da in der Elektrochemie sowohl die Bewegung der Ionen als auch der Elektronen zum elektrischen Strom beitragen, soll für die gerichtete Bewegung beider Teilchen das Verb „wandern“ verwendet werden, statt Elektronen „fließen“ zu lassen.) Die chemische Definition betrachtet Vorgänge zwischen Elektrode und Elektrolyt-Lösung innerhalb der galvanischen Zelle bzw. innerhalb der Elektrolysezelle. Unter physikalischem Blickwinkel erscheint die galvanische Zelle hingegen als „Blackbox-Gleichspannungsquelle“, deren Funktion z.B. bei der Elektrolyse interessant ist, die in einer Elektrolyt-Lösung außerhalb der galvanischen Zelle abläuft. Wird die galvanische Zelle als Gleichspannungsquelle zur Elektrolyse eingesetzt, dann laufen am gleichen Elektronenleiter sowohl Oxidation als auch Reduktion ab. Der Elektronenleiter ist hierbei nur das Medium, in dem die Elektronen wandern. Die Anode als Ort der Oxidation in der galvanischen Zelle nimmt Elektronen auf und wird zu ihrem Minuspol, die Kathode entsprechend zum Pluspol. Dort, wo Minus- bzw. Pluspol außerhalb der galvanischen Zelle mit einer weiteren Elektrolyt-Lösung in Kontakt stehen, kann eine Reduktion bzw. eine Oxidation stattfinden, indem Teilchen die Elektronen aufnehmen bzw. abgeben. D.h. an dieser Stelle handelt es sich um eine Kathode bzw. Anode im chemischen und physikalischen Sinn. Der Zusammenhang Anode – Minuspol (galvanische Zelle) und Kathode – Minuspol (Elektrolysezelle) ist somit widerspruchsfrei. Gleiches gilt für den Zusammenhang Kathode – Pluspol (galvanische Zelle) und Anode – Pluspol (Elektrolysezelle).

Eine verständliche Zuordnung der Begriffe zu den Funktionen kann auch erreicht werden, wenn der sprachliche Zusammenhang „Anode – Anionen“ bzw. „Kathode – Kationen“ genutzt wird (Tab. 2). In der Elektrolyt-Lösung um die Anode nimmt sowohl in der galvanischen Zelle als auch in der Elektrolysezelle entweder die Konzentration der Kationen zu oder die der Anionen ab. Zum Ladungsausgleich (bzw. weil das elektrische Potential der Lösung um die Anode steigt), wandern Anionen zur Anode oder Kationen von ihr weg zur Kathode. Durch diese Betrachtungsweise behält man die Vorgänge in der gesamten galvanischen Zelle im Blick, nicht nur die an den Elektroden (siehe auch 3C))

zu C: Es sollte berücksichtigt werden, dass nicht nur die Elektrode (hier: das Metall, M), sondern auch die Lösung, L, eine elektrische Ladung trägt und ein elektrisches Potential aufweist. Aufgrund dieser Ladungstrennung besteht zwischen Metall und Elektrolyt-Lösung eine Potentialdifferenz Δφ = φ(L) - φ(M), d.h. eine elektrische Spannung, die sog. Galvani-Spannung. Sie kann nicht unmittelbar gemessen werden, weil durch die den Kontakt der Lösung zu einem Spannungsmessgerät eine neue, unbekannte Potentialdifferenz entstehen würde.

Im einfachen Modell nach Helmholtz entspricht die elektrochemische Doppelschicht vom Aufbau her in guter Näherung einem Plattenkondensator mit einem konstanten elektrischen Feld. Daraus folgt über φ(L) - φ(M) = E·d (E: elektrische Feldstärke, d: „Plattenabstand“, Dicke der Doppelschicht) ein linearer Verlauf des elektrischen Potentials zwischen Lösung φ(L) und Elektrode φ(M) innerhalb der Doppelschicht (Abb. 1).

Werden zwei Halbzellen 1 und 2 zu einer galvanischen Zelle verbunden, so besteht nicht nur zwischen den Elektronenleitern, sondern auch zwischen den Lösungen in 1 und 2 eine elektrisch leitende Verbindung, z.B. über ein Diaphragma. Sind die Potentiale der Lösungen, φ(L1) und φj(L2), verschieden, so kommt es im stromlosen Fall durch Ionenwanderung zum Potentialausgleich. (Potentialsprünge zwischen den beiden Lösungen am Diaphragma, die vom Betrag her klein gegenüber den meisten Spannungen einer galvanischen Zelle sind, werden bei dieser Betrachtung vernachlässigt.) Fasst man die Potentialänderung an der Doppelschicht als Potentialsprung auf und sieht im stromlosen Zustand von Potentialänderungen innerhalb der Elektrolytlösungen ab, so gibt es in der galvanischen Zelle vereinfacht betrachtet drei verschiedene elektrische Potentiale: Die Potentiale der Elektroden, φ(M1) = E1, und φ(M2) = E2, und das Potential der Lösung, φ(L). Mit einem entsprechenden Potentialdiagramm (Abb. 2) kann der Verlauf der Potentiale in der galvanischen Zelle veranschaulicht werden. Dabei werden sowohl die Spannungen zwischen den Elektroden und der Lösung (Galvani-Spannungen) als auch die Spannung zwischen den Elektroden (Zellspannung U) deutlich. Je nach verwendeten Metallen liegt das elektrische Potential der Lösung zwischen den elektrischen Potentialen der Elektroden (Abb. 2, oben), darunter (Abb. 2, Mitte) oder darüber (Abb. 2, unten).

Für die Berechnung der Zellspannung spielt das elektrische Potential der Lösung keine Rolle (Abb. 2). Gleichwohl ist es wichtig für ein Verständnis der Vorgänge in einer galvanischen Zelle bzw. einer Elektrolysezelle. Schüler/innen lernen im Physikunterricht Potentialdifferenz (= Spannung) als Antrieb für den elektrischen Strom kennen. Positive Ladungsträger wandern von hohem zu niedrigem Potential, negative in umgekehrte Richtung. Dieses Konzept kann in der Elektrochemie wieder aufgegriffen werden, wenn es um die Wanderung von Ionen geht. Im nicht mehr stromlosen Fall kommt es durch die Redoxreaktionen zur Veränderung der Ionenkonzentration direkt an den Elektroden. Die Oxidation führt an der Anode zu einer Vergrößerung von c(Kation) bzw. zu einer Verkleinerung von c(Anion) und damit zu einer Erhöhung des Potentials φ(L) an der Anode durch die überschüssige positive Ladung. Analog wird φ(L) an der Kathode kleiner, weil dort eine überschüssige negative Ladung entsteht. Dadurch resultiert ein Potentialgefälle in der Lösung von der Anode zur Kathode, das einen Strom von Kationen in dieser Richtung und einen Strom von Anionen in die Gegenrichtung zur Folge hat, wobei die Ionenbeweglichkeiten über die relativen Anteile entscheiden. Die Stromstärke in der galvanischen Zelle ist von Betrag her gleich groß für die Elektronenwanderung einerseits und die Summe der Ionenwanderungen andererseits, weil die galvanische Zelle eine Masche, d.h. einen nicht verzweigten Stromkreis darstellt. Aufbau und Querschnitt des Diaphragmas, Ionenkonzentration und die Entfernung zwischen Kathode und Anode stellen Faktoren dar, die die Stromstärke beeinflussen. Wenn es z.B. nicht gelingt, mit einer „Zitronenbatterie“ eine LED zu betreiben, dann liegt dies häufig nicht an den metallischen Verbindungen, sondern an der zu geringen Ionenstromstärke, welche die Elektronenstromstärke limitiert.

zu D: Die Potentiale in einer Halbzelle können durch verschiedene Prozesse entstehen. Im Fall eines Metalls M, das in die Lösung eines Metallsalzes MXn taucht, entsteht das elektrische Potential auf der Elektrode durch Diffusion von Metallkationen von der oder zur Elektrode. Taucht hingegen eine Platinelektrode in eine Lösung, die Fe2+ und Fe3+ Ionen enthält, so kann sich durch Übertragung von Elektronen der Fe2+ Ionen auf die Elektrode oder von der Elektrode auf Fe3+ Ionen ein elektrisches Potential auf der Elektrode bilden.

Nur im Beispiel der Platinelektrode ist eine Redoxreaktion für die Entstehung des Potentials verantwortlich, im ersten Fall läuft keine Redoxreaktion ab. Die Bezeichnung des elektrischen Potentials als Redoxpotential trifft also auf das Phänomen im ersten Fall nicht zu. Sie ist damit keine gute allgemeine Bezeichnung für das Potential auf der Elektrode.

Der Terminus elektrochemisches Potential ist fachlich bereits belegt. Bei ihm handelt es sich um eine Energiegröße, nicht um ein elektrisches Potential. Das elektrochemische Potential ηi einer Ionensorte i in einer Phase I ist die Summe aus ihrem chemischem Potential μi(I) und der elektrostatischen Energie z F φi(I) des Ions in dieser Phase (Hamann & Vielstich, 1985).

hi(I) = μi(I) + z F φi(I) (z: Ionenladung, F: Faraday-Konstante)

Das elektrochemische Potential ist die Kenngröße des elektrochemischen Gleichgewichts. Liegt letzteres vor, so ist das elektrochemische Potential ηi in zwei Phasen I und II gleich, d.h. ηi(I) = ηi(II). Auch wenn das elektrochemische Potential im Chemieunterricht nicht thematisiert wird, sollte dieser Begriff nicht zur Bezeichnung eines elektrischen Potentials verwendet werden.

Die Bezeichnung Elektrodenpotential erscheint gegenüber den anderen vorteilhaft, weil er das Wesentliche angibt: Das elektrische Potential des Elektronenleiters, also der Elektrode. Das ist zunächst unabhängig von der Frage, ob dieses Potential auf ein anderes bezogen wird.

zu E: Die in der Spannungsreihe angegebene Reaktion sollte die Reduktion sein (Jolly, 1991, 151 ff). Nur in diesem Fall sind die üblicherweise angegebenen Standardpotentiale korrekt. Der Grund ist folgender:

  • Eine Umkehr der Reaktionsrichtung an einer Elektrode macht aus der Reduktion eine Oxidation. Dabei gilt die für chemische Gleichgewichte übliche Beziehung: KC(Ox) = 1/KC(Red). Aufgrund der Gleichungen ΔG0 = - RT ln KC und ΔG0 = - zF E0 folgt, dass sich mit dem Wechsel der Reaktionsrichtung das Vorzeichen des Elektrodenpotentials E0 umkehrt.
  • U0 einer galvanischen Zelle ist die Differenz der auf die Reduktion bezogenen Standardelektrodenpotentiale von Kathode und Anode: U0 = E0(Kathode) – E0(Anode). Sie lässt sich aber auch als Summe(!) des auf die Reduktion bezogenen Elektrodenpotentials der Kathode und des auf die Oxidation bezogenen Elektrodenpotentials der Anode berechnen: U0 = E0(Red, Kathode) – E0(Red, Anode) = E0(Red, Kathode) + E0(Ox, Anode)
  • Eine positive Zellspannung U0 entspricht einer negativen freien Standardenthalpie, ΔG0, und damit einer freiwillig ablaufenden Reaktion:
    ΔG0 = - zF U0 (F: Faraday-Konstante) (Hamann & Vielstich, 1985)
  • Nur dann, wenn die Standardpotentiale mit einer Reduktion verbunden sind, ergeben sich Zellspannungen mit korrektem Vorzeichen. Bsp. Daniell-Element:
    Cu2+(aq) + 2 e- ⇌  Cu(s)        E0 = 0,34 V             Zn2+(aq) + 2 e-  ⇌  Zn(s)            E0 = - 0,76 V
    Im Daniell-Element bildet das Redoxpaar Zn2+/Zn die Anode.
    Þ Umkehr der Reaktionsrichtung und des Vorzeichens des Elektrodenpotentials:
    Cu2+(aq) + 2 e-  ⇌  Cu(s)        E0 = 0,34 V             Zn(s)  ⇌  Zn2+(aq) + 2 e-            E0 = 0,76 V
    Addition der Teilreaktionen und der Potentiale:
    Cu2+(aq) + Zn(s)  ⇌  Cu(s) + Zn2+(aq)                    U0 = 0,34 V + 0,76 = 1,10 V

Diese Betrachtungs- und Vorgehensweise hat folgende didaktische Vorteile (Für den Unterricht bleiben die Gleichungen ΔG0 = - RT ln KC und ΔG0 = - zF U0 im Hintergrund):

  • Die Teilreaktionen und sowie die auf Reduktion und Oxidation bezogenen Elektrodenpotentiale können addiert werden, um zur Gesamtreaktion bzw. zur Zellspannung zu gelangen.
  • Eine Addition ist im Gegensatz zur Subtraktion kommutativ. Es ist nicht notwendig, sich zu merken, welches Potential von welchem subtrahiert wird. Es ist notwendig zu klären, welche Reaktion in ihrer Richtung umgekehrt werden muss, d.h. welches Redoxpaar die Anode bildet.
  • Für die Elektrolyse ergibt sich korrekterweise eine negative Spannung, die zu einer nicht freiwillig verlaufende Reaktion korrespondiert.
  • Ein kleiner, möglichst negativer Wert für ein Potential wird mit einem geringen Bestreben für den gekennzeichneten Vorgang in Verbindung gebracht. Für die Reaktion Li+(aq) + e- ⇌  Li(s) liegt ein kleines Potential vor, in Übereinstimmung mit dem sehr geringen Bestreben von Li+(aq)-Ionen, Elektronen aufzunehmen. Im Gegensatz dazu hat die Reaktion F2(g) + 2 e-  ⇌  2 F-(aq) ein großes Potential, entsprechend dem großen Bestreben des Fluor-Moleküls, Elektronen aufzunehmen.

 

4 Impulse zum Weiterdenken

  • Es wird als geschickt erachtet, die Elektrode und die elektrochemische Doppelschicht zunächst nicht mit einer Elektrolyt-Lösung, sondern einfach mit Metall im Kontakt mit Wasser einzuführen. Im Anschluss daran kann mit der Elektrolyt-Lösung bereits die Konzentrationsabhängigkeit des Elektrodenpotentials nach dem Prinzip von Le Chatelier erarbeitet werden.
  • Mit der elektrochemischen Gibbs-Helmholtz-Gleichung als Bestandteil des Chemieunterrichts in der Sekundarstufe 2 wäre eine Verknüpfung der meist getrennten Unterrichtseinheiten „Energetik“ und „Elektrochemie“ möglich. Schüler/innen würden so Zusammenhänge sehen bzw. neue Wege kennenlernen, um elektrische und energetische Größen zu bestimmen. Wie ließe sich ein entsprechender Zusammenhang zwischen der freien Enthalpie und der Zellspannung im Unterricht erarbeiten?
  • Sollte das in der elektrochemischen Spannungsreihe mit Bezug auf die Wasserstoff-Elektrode angegebene Potential als Elektrodenpotential oder als Reduktionspotential bezeichnet werden oder ist eine andere Bezeichnung vorzuziehen?

Literatur

Ackermann, G., Jugelt, W., Möbius, H.-H., Suschke, H. D. & Werner, G. (1974). Lehrwerk Chemie, Lehrbuch 5, Elektrolytgleichgewichte und Elektochemie, Teil 1, Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie.

Arnold, K. et al. (2013). Chemie Oberstufe Gesamtband, Berlin: Cornelsen Schulverlage GmbH.

Asselborn, W., Jäckel, M & Risch, K. T. (Hg.). (2009). Chemie heute SII Gesamtband, Braunschweig: Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH.

Gietz, P., Schirle, W., Stein-Bastuck, R. & Sternberg, M. (2010). elemente chemie Kursstufe, Baden-Württemberg, Stuttgart: Ernst Klett Verlag GmbH.

Greulich, W. (Hg.). (1998). Lexikon der Physik: in sechs Bänden, Heidelberg:  Spektrum, Akademischer Verlag GmbH.

Hamann, C. H. & Vielstich, W. (1985). Elektrochemie 1 – Leitfähigkeit, Potentiale, Phasengrenze, Weinheim: VCH-Verlagsgesellschaft, 2. Auflage.

Jolly, W. L. (1991). Modern Inorganic Chemistry. Singapore: Mc Graw-Hill, Inc., 2nd edition.

Stark Verlag (2012). Prüfungsaufgaben mit Lösungen, Chemie, Gymnasium, Baden-Württemberg, 2004 – 2011, Stark Verlagsgesellschaft mbH & Co.

Wedler, G. (1987). Lehrbuch der Physikalischen Chemie, Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft mbH, 3. Auflage.

Dr. Holger Fleischer, , ist Oberstudienrat am Scheffold-Gymnasium in Schwäbisch Gmünd und unterrichtet die Fächer Chemie, Physik und Naturwissenschaft und Technik.

Impressum

MNU

Deutscher Verein zur Förderung des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts e. V.

Bundesgeschäftsstelle

Geschäftsführer: Oliver Seeberger

MNU-Geschäftsstelle
Vossenacker Str. 9
41464 Neuss

Registergericht

Amtsgericht Hamburg
Registernummer: 69 VR 4592

USt-IdNr.: DE118714371

Telefon
+49 (0)2131 7135710
E-Mail
info(at)mnu.de
oliver.seeberger(at)mnu.de

Inhaltlich verantwortlich nach §55 (2) RStV

Vorsitzender: Frank Herrmann

E-Mail
frank.herrmann(at)mnu.de

Datenschutz und Disclaimer

Datenschutzerklärung
Haftungsausschluss

Ihre Nachricht an uns

Seitenübersicht