Vom Wildschwein und anderen Unfällen

Da stehe ich vor der Klasse. Mein Becken schmerzt. Die Hände voller Pflaster.

„Frau K. Was haben Sie denn gemacht?“ – Was habe ich gemacht? Gute Frage!

Tags zuvor: Ich sitze am Schreibtisch. Zermartere mir den Kopf. Die zündende Idee für den letzten Unterrichtsbesuch fehlt. Der Tag in der Schule ist schon mies gelaufen. Also: Hoch vom Schreibtisch. Laufschuhe an. Ab in den Wald. Tief Luftholen. Durchatmen. Vielleicht kommt dann die Idee. Vielleicht ist dann der Frust verflogen. Einen Versuch ist es wert.

Kurzes Aufwärmprogramm vor der Haustür. Meinen Körper in Schwung bringen. Schneller Schritt. Ich erhöhe das Tempo. Der warme Atmen ist in der kühlen Luft erkennbar. Ich biege hinter dem Haus ab. Eine Kurve. Nasses Laub. Matsch. Der Tritt zu fest. Ich verliere die Kontrolle. Schwindel. Rums. Ein spitzer Schrei. Die Trinkflasche rollt den Berg hinab.

Der Blick auf den Boden. Das Kinn aufgeschrammt. Die Arme und Beine von mir gestreckt. Da liege ich nun auf dem Bauch. Hilflos. – So ein …!

Ich versuch langsam aufzustehen. Hände und Knie: Alles blutig. Die Flasche rollt weiter. Bleibt im Straßengraben liegen. Ich sitze im Dreck. Fluche. – Wenn es mies läuft, dann so richtig. Ich rappel mich auf. Gehe humpelnd und geknickt nach Hause. Versuche Blut und Matsch von mir zu bekommen. Brauche Pflaster und Desinfektionsmittel. – Entzündete Wunden kann ich mir nicht leisten. Nicht jetzt!

Ich schütte das Desinfektionsmittel über die offenen Stellen und beiße die Zähne zusammen. Das Brennt! Pflaster drauf.

Da klingelt das Smartphone: Neue Nachrichten von den Referendaren: Noch ein Sturz. Ein Chemieunfall. Blaue Flecken vom Tisch auf dem die Dokumentenkamera steht. – Unfalltag der Referendare.

Für heute reicht es. Die Planung des Unterrichtsbesuchs ist verschoben.

„Frau K. Was haben Sie nun gemacht?“

„Wollt ihr die coole oder die langweile Variante hören?“

„Die coole Variante.“

„Ich wollte abends joggen gehen. Im Wald griff mich ein Wildschwein heimtückisch an. Ich lief davon. Rettete mich in einen Graben. Es kam hinterher. Ich kletterte hinaus. Stürzte die Böschung hinab. Schaffte es mit letzter Kraft nach Hause.“

Die Aufmerksamkeit der SuS habe ich erreicht. Dann kann der Unterricht beginnen.

Auch, wenn die Knochen schmerzen, die Hände und Beine bunt gefärbt sind, wenn scheinbar nichts mehr geht, immer daran denken:

KEEP CALM AND CARRY ON!

 

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